„Ich habe gerade viel Stress auf der Arbeit, habe überhaupt gerade ein Problem mit gescheiter Ernährung, mit Sport und auf mich selbst achten…. bringt es was, wenn ich Samstag auf Sonntag faste?“

Solche Sätze lese ich oft in Ernährungsforen. Da hat jemand ein halbes Dutzend Problemfelder und eigentlich schon keine Energie mehr für irgendwas – und dann wird an einer kleinen Stellschraube versucht zu drehen.

Vielleicht ist diese kleine Stellschraube tatsächlich hilfreich. Allerdings sollte man das für sich selbst prüfen, bevor man Energie in etwas steckt.

Wie können wir herausfinden, an welchem Schalter es sich wirklich lohnt zu drehen? Welche Änderung hat den besten erwünschten Effekt, und welche ist nur eine Pseudo-Aktivität, damit wir das Gefühl haben, überhaupt etwas getan zu haben?

Effektiv ist nicht gleich effizient

Manchmal sind wir sehr gut darin, etwas zu tun. Das muss aber nicht heißen, dass wir auch das gewünschte Ergebnis auf bestem Weg erreichen.

  • Effektiv: „die richtigen Dinge tun“
  • Effizient: „die Dinge richtig tun“ – die richtigen Dinge so tun, dass Aufwand und Ertrag stimmen.

Tim Ferriss: die eine Sache finden, die heute den meisten Effekt ist

„Schreibe die aus deiner Sicht heute wichtigen 3-5 Dinge nieder, dann überprüfe: welche eine Sache, wenn du sie heute erledigst, macht alles andere besser oder sogar unnötig?“
[Original: Buch „Tribe of Mentors“, Kapitel “Productivity tips for the neurotic, manic-depressive, and crazy (like me)“]

Auch von Tim Ferriss: „Wenn du jeden Tag nur 20 Minuten arbeiten könntest, um deinen Lebensunterhalt zu sichern, was würdest du tun?“

Dieser Denkansatz ist so weit entfernt von der üblichen 35-Stunden-Woche, dass wir wirklich gezwungen sind, unsere Komfortzone zu verlassen und mal ganz anders zu denken. Und wenn wir hier Antworten haben, gibt uns das enorme Freiheit.

Die 80:20-Regel (Pareto-Prinzip)

In vielen Bereichen bringen 20% des Einsatzes bereits 80% des gewünschten Ergebnisses. (Ernährungsbeispiel: Die drei Stücke Kuchen im Büro weglassen ist eine kleine Intervention mit hohem Effekt. Beim Abendessen die Erbsen bei fddb.info als Kalorien einbuchen nicht.)

Die 80-20-Regel hilft auch bei vielen täglichen Entscheidungen – z.B. bei der Frage „Lohnt es sich, wenn ich mich über diesen Tweet aufrege?“ Wer sich ständig über alles aufregt und sich sorgt, hat irgendwann keine Energie mehr, um sich um irgendwas zu sorgen.

Der Löffel-Ansatz – Original: The Spoon Theory (pdf)

Wir haben nur eine begrenzte Zahl an Löffeln (=Energieeinheiten), die wir täglich einsetzen können. Und wenn wir mehr verbrauchen, dann zahlen wir am nächsten Tag drauf.

Der Original-Artikel stammt von einer Frau mit Lupus; es ist ein Bild, das sich besonders gut zur Erklärung der täglichen Einschränkungen bei chronischen Krankheiten aller Art eignet. Aus meiner Sicht spüren allerdings fast alle Menschen irgendwann die begrenzte Zahl der eigenen Löffel, und müssen dann prüfen, wofür sie diese ausgeben.

Eigensicherung vor Fremdsicherung

Diese Regel habe ich mit erst 30 von einer Freundin gelernt (eigentlich aus dem Erste-Hilfe-Bereich), und wünschte, sie würde jedem Menschen viel früher vermittelt! Wenn ich keine Energie habe, um mir selbst zu helfen, dann kann ich auch niemand anderem helfen. Wenn ich am Boden liege, kann ich niemandem mehr die Hand reichen, um sie hochzuziehen. Und wenn mir in der Steilwand die Steine um die Ohren fliegen, muss ich erstmal meinen eigenen Kopf schützen, bevor ich versuche, anderen beizustehen!

Besonders Menschen in helfenden Berufen haben ein Thema mit der Eigensicherung – jemandem anderen helfen ist ja auch eine schöne Sache, nur endet diese im Burnout, wenn man nicht irgendwann seine eigenen Grenzen dabei respektiert.

Gunther Schmidt drückt es gerne so aus: gerade Therapeut_innen müssen exzellent auf sich achten, weil sie nur dann ihre Klient_innen unterstützen können. Wir sind aus seiner Sicht moralisch dazu verpflichtet, es uns möglichst gut gehen zu lassen.

Von dem her – die eigene Energie und die eigenen Grenzen erkennen und handhaben ist eine ständige, wichtige Aufgabe für uns alle, bei denen die oben genannten Heransgehensweisen helfen können.